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Gogg und Wärgi

Gogg und Wärgi gehören zu den «Goggwäärgjini», keltischer Volksstamm, die nach der Besiedlung durch die Alemannen gezwungen wurden, das Goms zu verlassen. Gogg und Wärgi, Überbleibsel eines verdrängten Urvolkes?
Die Alemannen bevölkern ab dem 7. und 8. Jahrhundert unser Tal. Einige wenige Goggwäärgini konnten sich der Kolonisation der Alemannen widersetzen und liessen sich im unbewohnten Landstrich Überrotten in Reckingen nieder. Die Alemannen lebten vorerst in Streusiedlungen, erst später bauten sie die für das obere Goms so typischen Haufendörfer. Gogg und Wärgi in der Peripherie von Reckingen fühlten sich sicher, doch diese Geborgenheit erhielt Risse.

Immer wieder errichteten erholungsbedürftige und stressige Mitmenschen in Überrotten kleine Ferienhäuschen, Rückzugsort für das Wochenende und für Ferien. Beim Bau eines Hotels fühlten sich Gogg und Wärgi in die Enge getrieben und versuchten mit nächtlichen Störmanövern Einfluss zu nehmen: Werkzeuge und Material waren unauffindbar, eine aufgestellte Mauer wurde in einer Nacht zertrümmert. Die Bauherrschaft, zuweilen etwas besorgt, setzte die Arbeit fort. Ähnlich wie ihre Vorfahren vor mehr als 1000 Jahren waren Gogg und Wärgi gezwungen, ihr Zuhause zu verlassen und sich ins Blinnental zurückzuziehen.
Der Bau des Hotels wurde fertig gestellt, Leben erfüllte die Gemäuer, Gastgeber und Gäste fühlten sich wohl. Gogg und Wärgi im hinteren Blinnental, keineswegs rachesüchtig und trotzdem willens, ihre Sicht der Dinge bei den neuen Eigentümern zu vertreten. Eines Nachts umzingelten sie das Hotel und forderten die Gastgeber mit Zeichen, Geräuschen und Spuk auf, am folgenden Tag ins Blinnental zu wandern. Diese Aufforderung lösten die Gastgeber ein. Sie erfuhren von Gogg und Wärgi, wie sie dazumal beim Bau des Hotels ihrer Heimat, ihrer Wurzeln beraubt wurden. Die Gastgeber beteuerten ihre Unkenntnis ob dieses Schicksals. Gogg und Wärgi zeigten Nachsicht und schlugen folgenden Deal vor: Der Gastgeber des Hauses sei verpflichtet, einmal die Woche einen Aabsizz mit Sagen und Musik zu gestalten und seiner Frau sei verordnet, mit getöpferten Figuren und Windleuchten für ein passendes Ambiente zu sorgen. Sollten diese Vorgaben befolgt werden, würden Gogg und Wärgi ihre schützende Hand über den Betrieb halten. Ein Handschlag zwischen den beiden Partien; Zeichen gegensätzlicher Wertschätzung und Verbindlichkeit dieser Abmachung.
Die Gastgeber Hanny und Bernhard Gioco hielten sich an diese Vereinbarung und Gogg und Wärgi beschützten den Betrieb. Nach dreissig Jahren, etwas ermüdet zwar, konnten die bisherigen Gastgeber die Verantwortung des Betriebes ihrem Sohn Sebastian-David und der Schwiegertochter Sonja übertragen. Bei der Übergabe war die Vereinbarung mit Gogg und Wärgi ein wichtiges Thema. Sebastian und Sonja stiegen zur Stalenkapelle hinauf, zündeten dort eine Kerze an und setzten ihren Weg ins Blinnental fort. Dort stellten sie sich Gogg und Wärgi vor, erzählten von ihren Plänen, das stimmige und wohlige Ambiente im Hotel Glocke weiterhin zu pflegen, den Betrieb auszubauen und neues Leben einzuhauchen. Der Aabäsizz mit den Zellete, den Geschichten, Sagen und Musik werde auch in Zukunft zelebriert, solange die Eltern noch bereit sind und Energie und Kraft vorhanden seien. Der neue Bau erhalte die Form einer Goggwärgihöhle, gekonnt und voller Überraschungen.
Gogg und Wärgi, gut gelaunt in ihrer Höhle, freuten sich über den Besuch der nächsten Gastgebergeneration. Gemütliches Zusammensein und reger Austausch prägten diese eindrückliche Begegnung.
Vor dem Eindunkeln bekräftigten Gogg und Wärgi nochmals den Willen, die Weiterentwicklung des Hotels weiterhin zu begleiten, soweit dies in ihrer Macht stünde. Zufrieden und erleichtert, erfüllt und beseelt ob so viel Wohlwollen wanderten die neuen Gastgeber in Richtung Überrotten, in der Stalenkapelle als Dank noch einen Halt einlegend.